Wie die Elefanten das Liebesleben der englischen Regenwürmer beeinflussen

Ich glaube, soziale Netzwerke sind ein Fluch und ein Segen. Ich habe davon eindeutig schon profitiert. Beruflich, um bestimmte Zielgruppen anzusprechen. Und privat, weil ich dadurch liebe Menschen wiedergefunden habe und sie besser erreiche. Allerdings sind soziale Netzwerke aber auch eine Bühne für private, anonyme Schlachten. Spaß, so meine Wahrnehmung, kommt oft zu kurz. Meist ist es Spaß auf Kosten anderer. Sind die Nutzer nur darauf aus, Anerkennung zu bekommen?

Was mich stört, sind die Vielzahl der Kettenbriefe. Sie sind meist emotional bindend, weil sie scheinbar geschickt das Ursprungsanliegen „Gefällt mir!“-Angaben zu bekommen, mit Leid, Kindern und Krankheit kombinieren. Und dann ist da noch der Manipulativcharakter: „Teile, wenn du auch…“, „Ich wette, niemand getraut sich zu teilen, dass …“

Hass, Wut und Zorn in Artikeln nehmen zu. Es kommt zu üblen Nachreden, Beleidigungen und Verleumdungen. Zudem werden Fakes geteilt, ohne zu überlegen. Populistisch angehauchte Texte werden einfach übernommen, obwohl sie objektiv falsch sind und von zweifelhaften, unseriösen Urhebern kommen. Viele merken nicht, dass sie ganz bewusst manipuliert werden sollen. In der Summe gesehen entsteht der Eindruck, wir hätten eine schlechte Welt und würden nur noch verarscht.

Sehr häufig werden interessante Themen angeboten, die dann in „Stille Post“ – Manier in eine ganz andere Richtung gehen. Von Kuchen backen auf Arschbacken sozusagen. „Der Rüssel des Elefanten sieht mit viel Fantasie aus wie ein Regenwurm“. Dann sind wir ruckzuck beim Liebesleben der englischen Regenwürmer, obwohl wir doch von Elefanten reden wollten.

Was kann ich tun? Nun, den Segen nehmen, wie ich oben schrieb. Überlegen, was ich selbst poste. Interessiert jemand, was ich esse, wieviel ich beim Friseur bezahle und was die Lehrerin meiner Enkelin für Schulnoten verteilt? Ich habe mich schon oft angesichts mancher Posts zurückgehalten, bildlich ein Pflaster auf den Mund geklebt und mich doch dabei ertappt, etwas sagen zu müssen. Müssen? Muss ich wirklich zu allen Posts, die für mich unerträglich sind, etwas Schlaues sagen? NEIN! Ich kann meine Online-Zeit begrenzen und nicht alles, was da gesagt wird, für bare Münze nehmen. Ich könnte mich den ganzen Tag empören und antworten, wenn ich mich darauf einließe. Wahrscheinlich würden viele Poster in der Wirklichkeit komplett anders kommunizieren.

Ich könnte auch den Mut haben, Freunden und Bekannten zu kündigen, wenn sie nur negativen Mist reden.

Wenn ich kritisch poste, muss ich mit dem Gegenwind leben können. Selbst Unkritisches ist nicht ohne. Wenn ich in einem Wetterportal schreibe „Die Sonne scheint“ kann ich mir eines Shit-Storms gewiss sein.

Und dennoch – ich ertappe mich selbst dabei, wie ich auf „Gefällt mir“ – Angaben schiele. Ist das eventuell das Problem? Die Anerkennung zu bekommen, die ich vielleicht im Alltagsleben vermisse? Überprüfe mal! Wie ehrlich ist die Anerkennung? Wie ist das, wenn ich mit einer unmöglichen Frisur ein Selfie präsentiere und dafür in „Schneewittchen“ -Art ein „Gefällt mir“ bekomme und alle sieben Zwerge stimmen ein, obwohl viele Leser denken „Unmögliche Frisur!?“

Fazit: Ich entscheide selbst, wie weit ich gehe und welchen Weg ich nehme. Auch wenn am Ende des Weges „Ausfahrt“ steht. Will ich Spaß oder die Welt retten oder gibt es noch was in der Mitte?

Mein letzter Post auf Facebook 10.01.2019

Ich bin raus! Ich möchte mich bei meinen Freunden und Bekannten verabschieden und mich bedanken für viele tolle Kontakte.

Facebook hat mich ein wenig verändert – und wie ich finde – nicht zum Guten. Ich verbringe zu viel (!) Zeit hier und bin entsetzt über die Dummheit vieler Menschen, über den Hass, über die Häme und Hetze, über üble Nachreden, über die Leichtgläubigkeit, über das Nachplappern, das unreflektierte Übernehmen falscher Fakten und Fakes und über den Menschenfang, der mir in der Geschichte unseres Landes nicht unbekannt vorkommt. Habe ich noch was vergessen? Ja die Kettenbriefe, die sich selbst so sensible Themen wie Krankheit zunutze machen. „Teile, wenn …“ und Co KG kotzen mich am meisten an.
Ich möchte niemand verändern, nur mich selbst. Schon die Entscheidung „Stopp und Nein“ zu sagen, war eine Erleichterung für mich, sozusagen ein liebevoller Akt mir selbst gegenüber. Ich werde nun den Facebook-Anteil meiner Freizeit sinnvoller nutzen.
Wer weiterhin mit mir Kontakt haben möchte, kann mir eine Nachricht schicken oder mich über meine Website roland-rosinus.eu erreichen. Es dauert ja noch eine Weile, bis die Abmeldung vollzogen ist.
Euch alles Gute :-) LG Roland